Benediktshof Münster

Erfahrungsberichte: Mein Weg mit dem Benediktshof

Karl-Heinz und Marga JochheimKarl-Heinz und Marga JochheimIch bin Karl-Heinz Jochheim, 1929 in einer Bergarbeiterfamilie geboren, erlebte durch den Krieg und die Nachkriegszeit viele Brüche auf meinem Weg durch die schulische Bildung und Berufsfindung, wurde nach einem Unfall 1986 frühzeitig pensioniert als Diplomingenieur und Betriebschef in einem Stahlunternehmen, bin seit 1955 verheiratet mit meiner Frau Marga. Wir haben 7 Kinder bekommen und auf dem Weg ins Leben begleitet und inzwischen 10 Enkelkinder.

Religiös bin ich mit katholischer Volksfrömmigkeit aufgewachsen, der ich schon früh kritisch misstraute.

Meinen Halt fand ich im Neuen Testament, das mir ein Kaplan schenkte, als ich 10 Jahre war. Es begleitet mich bis heute. Unsere Jugendzeit war geprägt von der katholischen Pfarrjugend.

Unsere Hochzeit war eine bewusste Entscheidung: „Ich will Dich lieben und ehren, bis der Tod uns scheidet.

Nach unserer Hochzeit haben wir schon früh begonnen, neben Beruf und Kindern unsere Beziehung zu pflegen durch Familiengruppen, Kreativkurse, Weiterbildung in Themenzentrierter Interaktion nach Ruth Cohn, waren ehrenamtlich tätig als Referenten in der Ehe- und Familienpastoral des Bistums Essen. Dieser Spagat, verantwortlich für die Ernährung der Familie zu sein und in Ehe und Familie liebend präsent sein wollen, hat mich fast zerrissen.

Durch meinen Unfall 1983, der 1986 zu meiner Pensionierung führte, wurde ich vollends aus der Bahn geworfen. Ich erkannte, dass mein und unser Leben allein mit Willenskraft nicht gelingen würde. Bei all unseren Bemühungen spürten wir, dass wir intensiver uns selbst kennen lernen mussten, um unsere Beziehung auf Dauer zu erhalten. Wir suchten beide nach einem Weg, der uns in dieser Situation helfen könnte. Wir fanden auf unterschiedlichen Wegen über das Kloster Gerleve zu Ludolf und Christoph und erkannten bald, dass wir auf zunächst getrennten Wegen mit ihnen zu uns selbst finden mussten.

Für mich war der Beginn des Weges in den 80er Jahren ein Zwei-Jahres-Kurs in Dänemark, in dem ich die Verletzungen meiner Kindheit aufarbeiten wollte. Erst nachdem Christoph mir zusagte, dass er trotz meiner Schwächen und meiner Aggressivität zu mir stehen würde, egal, was passiert sei und passieren würde,  habe ich mich entschieden, ihm zu vertrauen und mich geöffnet. Danach erlebte ich in einer Leibspürübung im Stehen, die Ludolf anleitete, mein Eingespannt-sein zwischen Himmel und Erde, verwurzelt in der Erde und gleichzeitig nach oben geöffnet im Scheitel. Dieses Erlebnis der verbindenden Achse, die Erfahrung des Eins-seins, verbunden mit der Erfahrung des Angenommen-seins in der Gruppe, erschloss in mir eine Kraftquelle, aus der ich fortan zu leben wünschte. Ich habe mich den beiden und der Gruppe anvertraut und konnte wesentliche Brüche meiner Vergangenheit aufarbeiten und mich auf den Weg zur Selbsterkenntnis machen. Er führte mich nach innen über verschiedene Kurse der Initiatischen Therapie nach Dürkheim, wie Leibarbeit, geführtes Zeichnen, Zen-Meditation und die 10-Minuten-Bilder nach dem meditativen „Sich neu finden im biblischen Wort“ mit Ludolf und in Bibliodramen mit Birgit. 

Indem ich achtsamer auf meine innere Stimme hörte, entdeckte und erfuhr ich immer mal wieder das Göttliche in mir und in menschlichen Begegnungen, vorrangig auf dem Benediktshof und auch im Alltag und in der Natur.

Einer hat uns angesteckt mit der Flamme der Liebe…

Und so begann ich 1991 im Vertrauen auf meine innere Stimme, Tschernobyl-geschädigten Menschen in Weißrussland zu helfen und zu begleiten. Marga trug meine Entscheidung mit, nachdem sie vor Ort die erschütternde Not erlebt hat. Auf dieser gemeinsamen Wegstrecke, die auch jetzt, nach 28 Jahren noch nicht geendet hat, habe ich oft erfahren, wie die innere Stimme der Liebe mich zu Menschen führte, denen ich mit vielen Helfern und Sympathisanten Hilfe und ein wenig Hoffnung und Vertrauen ins Leben vermittelte. Die Begegnungen mit diesen leidgeprüften Menschen bereichern mein Leben.

Natürlich verläuft der Weg nicht geradlinig. Es ist oft wie auf dem Weg der Echternacher Springprozession: 2 Schritte vor, 1 Schritt zurück. Manchmal geht es auch mehrere Schritte in die eine oder andere Richtung, und doch in der Summe tiefer zu mir selbst und zum Göttlichen, zu einer tieferen Beziehung zu Marga, zu unserer Familie, zu den Weggefährten des Benediktshofs, zu Menschen die unser Leben begleiten, die uns begegnen.

In den letzten Jahren verbesserte sich in Weißrussland die medizinische Versorgung der Bevölkerung und die Pflege der behinderten und alten Menschen deutlich, andererseits wurden unsere Mitarbeiter immer älter. So reduzierten wir unser Engagement und Marga und ich intensivierten wieder den Kontakt zur Weggemeinschaft des Benediktshofs. Wir versuchen unseren Weg zu uns selbst zu vertiefen durch ein Leben aus der je eigenen Sinnperspektive durch tägliche Meditation.

Gemeinsam fuhren wir ziemlich regelmäßig 14-tägig zum Hof, um an der Quelle Kraft zu schöpfen für unseren Alltag. Montags genoss Marga die meditative Lymphdrainage von Nicola und ich erlebte beim freien Tanzen mit Franka und Mille, wie mich die Musik in Verbindung mit Bewegung ganzheitlich tiefer zu mir selbst führte und zur achtsamen Beziehungs-Gemeinschaft mit den Mittanzenden. Der Dienstag begann mit der Zen-Meditation mit Christoph und der Eucharistiefeier mit Ludolf und anschließendem gemeinsamen Frühstück. Während Marga zum Gespräch mit Christoph ging, konnte ich mich der meditativen Massage von Nicola entspannt überlassen. Als Abrundung hatte ich dann auch noch ein Gespräch mit Christoph, der mir auch den Weg zum meditativen Bogenschießen eröffnete. Das half mir, meine Kraft zu zentrieren und sie loszulassen und sie dem Pfeil mitzugeben auf seinem Weg zum Ziel.

Seit Pfingsten 2009 bin ich in einer Kerngruppe mit 6 Weggefährtinnen und Weggefährten. Wir treffen uns ca. alle 8 Wochen und begleiten uns gegenseitig auf unserem inneren Weg durch Einblick-geben in unser Leben und Erfahrungs-Austausch.

Im Juni 2018 nahmen Marga und ich an einem Ausdrucksmal-Wochenende teil. Zu meinem dort entstandenen Bild schrieb ich einen Psalm:

Weg zum Licht: Der Weg ist das Ziel.

Weg zum LichtMein Psalm

„Herr, ich bin in dieses Leben gekommen,
ohne meinen Willen.

Du hast mich auf den Weg gestellt,
mit vielen dunklen, verwirrenden Wegabschnitten.

Oft habe ich Deine Begleitung vermisst.

Manchmal habe ich sie beglückend erfahren
auf dem Weg meiner Sehnsucht zu Dir, nach endgültiger Heimat.

Ich glaube an Dich, an Deine Liebe, trotz vieler Zweifel.

Ich liebe Dich, weil ich auf meinem Weg
viel Liebe erfahren und schenken durfte.

In Deine Hände will ich einst mein Leben zurücklegen,
in Dir hoffe ich, meine Vollendung zu erfahren.“

In die Einladung zu unserem 60-jährigen Hochzeitstag 2015 schrieben wir unser gemeinsames Ziel:

„Wir wollen der inneren Stimme der Liebe vertrauen und uns von ihr führen lassen, dorthin, wo ER alles in allem ist“.   

Henri Nouwen

 

Und bis dahin freuen wir uns auf die Weggemeinschaft mit euch!