Benediktshof Münster

Mein Medium: Aquarellmalen

Margret SteentjesMargret SteentjesMargret Steentjes im Gespräch mit Birgit Böddeling

B: Margret, ich habe gerade in Deinem Kurs ein paar Fotos machen dürfen. Was hat Dich denn bewegt, dieses Medium für Deine Arbeit zu wählen? Was war Deine Erfahrung, die dem zugrunde lag?

M.: Ich hatte immer schon den Wunsch, Aquarelle zu malen, schon vor der Ausbildung, aber ich hab‘s nie so richtig hingekriegt, weil mein Bild nie so schön war wie die Natur. Bis ich in meinem Grundkurs gelernt hatte, es muss auch nicht so schön sein - und es muss auch nicht so schön sein, dass es den anderen gefällt - es muss mir gefallen. Das gab mir auch die Motivation, jetzt Bilder zu malen, die ich in Ausstellungen zeige.

B.: Wenn man an Aquarellbilder denkt, jetzt so von außen, dann sehe ich sofort Nolde- Bilder vor mir oder andere Künstler, denen es ja darum ging, etwas abzubilden: den Garten zu malen oder Blumen zu malen oder die Wolken, die Landschaft  zu malen, eben mit diesen fließenden Farben. Aber hier geht‘s ja wahrscheinlich gar nicht in erster Linie darum, etwas abzubilden, oder?

M.: Genau. Ich habe mich immer tiefer auf die Interaktion mit der flüssigen Aquarellfarbe auf dem nassen Papier eingelassen und bin immer mehr mit der Farbe und mit meinen Gefühlen ins Spiel gegangen. Erst dann kann das Unbewusste in mir Ausdruck finden.

Das versuche ich den TeilnehmerInnen auch immer zu sagen, mehr aus dem Bauch heraus zu malen, als aus dem Kopf. Den Kopf wirklich zur Seite zu stellen. Je mehr das gelingt, desto mehr sind die Leute mit ihren Bildern auch zufrieden. Das ist bei vielen hier heute sehr schön gelungen, weil: mit Schwarz zu malen, da willst du nicht gegenständlich malen und willst auch nicht unbedingt ein schönes Bild malen. Es ist als Aufgabe gestellt und dann muss das sein - und daraus dann in die Explosion der Farben zu gehen - das ist eine schöne Aufgabe!

B.:  Ja toll; damit fängst Du öfter an bei Kursen?

M.: Nein. Aber in diesem Wochenende geht es mir ja um die Lebenskraft der Farben.

 Ich finde gerade beim meditativen Malen so schön, dass es so viele Parallelen zwischen meinem/dem Leben und dem Umgang mit der Farbe gibt:

- Farben, die ich einmal gemalt habe kann ich nie wieder ganz löschen - das ist so, wie ich im Leben auch nie etwas ungeschehen machen kann

- Das Fallen eines Farbkleckses kann ich als störend, nicht erwünscht, versuchen, zu löschen, oder ich integriere, indem ich dessen Bedeutung für mein Bild/Leben hinterfrage.

- Die Farbe Schwarz bringt die anderen zum Leuchten, so wie das Aushalten von Schmerz und Trauer das Leben zum Leuchten bringt.

- Oder: die Wirkung der Farben unterscheiden sich nicht nur in ihrem Farbton, sondern auch in ihrer Helligkeit und Sättigung und ihrem Verhalten auf dem Papier.

Was mir eigentlich das Wichtigste ist, ist das Geschehenlassen: der Farbe ihren eigenen Lauf lassen. Kann ich ihr den Raum bieten? Und wo möchte ich jetzt was dagegen setzen? Wie möchte ich mit der Farbe arbeiten? Darf sie von sich aus fließen, dass es sich noch entwickelt oder möchte ich eingreifen?

Und wie weit hat das auch mit meinem Leben zu tun? Schaffe ich es auch, Grenzen zu setzen und schaffe ich es, auch dem Geschehen seinen Lauf zu lassen?

Beides ist wichtig, weil beides im Einklang miteinander sein muss.

B.: Ja, und wenn das gelingt, dann ist es ein Stück Glück.

Eine spannende Frage finde ich: wann ist das Bild fertig? Woran merkst du das? Woran merken die Malenden das?

M.: Also, ich sage von Anfang an, jede/r soll sich so viel Ruhe und Zeit lassen, wie sie/er will, und das Bild in Ruhe zu Ende malen. In der Zwischenzeit können die anderen, gerade hier in der Remise, rausgehen, und ich ruf sie dann zum Austausch wieder zusammen, sodass wirklich jede/r genug Zeit hat und irgendwann sagt jede/r: so, es ist fertig.

B.:  Also, das geschieht aus einer gewissen Sättigung beim Malen selber?

M.: Ja ja, genau, schön.

B.: Und wenn Du jemanden über einen längeren Zeitraum begleitet hast, was war da für Dich wesentlich?

M.: Wenn so Leute jedes Jahr kommen über eine längere Zeit, dann merkt man schon, dass  sich etwas geändert hat, dass sie mehr Selbstbewusstsein bekommen haben. Dieses Finden zu meinem inneren Wesen, zu meinem Wesenskern. Sich selbst mehr schätzen zu können. Meinen eigenen Wert zu spüren - das ist meine Intention.

Vor jedem Bild, das hier gemalt wird, mache ich eine längere Leibspurübung, und erst danach wird daraus gemalt.

Details am Malarbeitsplatz

B.: Und wie stell ich mir das vor, sitzen die Leute schon an ihrem Platz?

M.: Ja, alles ist bereit, dann setzen sie sich noch einmal alle gemütlich hin auf einen guten Platz, um sich zu spüren - und dann leite ich an: über den Atem und den Körper und die inneren Räumen zu dem Licht über mir - und daraus gehen die TeilnehmerInnen dann ins Malen. Und das mache ich vor jedem Bild.

Zwischendurch mache ich immer auch eine Gehmeditation. Heute Nachmittag zum Beispiel gehen sie in die Natur. Da leite ich vorher noch mal an, worauf sie achten sollen - und daraus wird dann gemalt. Alles, was wir an Meditationen machen, dient eben dazu, das auch darzustellen mit Farbe auf den Bildern.

B.: Darzustellen? Aber trotzdem nicht willentlich darzustellen, z.B.: ich hab´ jetzt den Bambus dort stehen sehen und will den jetzt malen - sondern aus der Bewegung?

M.: Genau, aus der Intuition. Zu erspüren: was hat mich besonders angesprochen?

Heute Abend malen wir noch mal ein Abschiedsbild. Ich nenne es immer ein Sehnsuchtsbild: wo könnte mein Weg hingehen. Wie möchte ich mich fühlen, wenn ich gut mit mir im Reinen bin?

B.:  Ja, schön! Und so geht das immer: Leibspürübung – Malen – Austausch?

M.: Ja ganz genau, Austausch ist wichtig.

Austausch

B.: Und beim Austausch, so habe ich‘s gerade mitbekommen, gehst Du ja nochmal darauf ein, zum Beispiel bei diesem Abgrenzen von dem Rot und dem schwarzen Klumpen, das fand ich ganz schön, wie Du gefragt hast: was bedeutet Rot für dich?

M.: Genau, bei dem Austausch gebe ich immer Rückmeldungen - und natürlich stelle ich dann auch Fragen. Nicht jeder kommt gleich auf sein eigenes Leben durch das Bild. Dann frage ich: was hat das mit deinem Leben zu tun? Findest du etwas wieder?

B.: Und wie beendest Du solch einen Kurs?

M.:  Beim Abschluss reflektiert jede/r noch mal: was hat dieser Kurs für mich gebracht? Wir legen die Bilder noch mal hin. Jede/r gibt dem Bild, das am wichtigsten ist, mit einem Passepartout einen besonderen Platz und gibt Einblick, ob sich ein roter Faden gefunden hat bzw. was ihm/ihr klar geworden ist.

B.: Gibt es Situationen, die für Dich besondere Erfahrungen waren in dieser ganzen Zeit? - Wie lange arbeitest Du jetzt eigentlich schon?

M.: Ich weiß gar nicht, mit der Ausbildung hab‘ ich 2001 angefangen und ich glaube, ich hab den ersten Kurs schon gegeben, als der Aufbaukurs noch nicht beendet war. So ca. 18 Jahre –

B.: (lacht) dann bist Du volljährig in Deiner Arbeit geworden! In all diesen 18 Jahren, gab’s da Momente, die Dir wesentlich waren?

M.: Ja, ich finde es immer besonders schön, wenn die Leute zu ihrem Konflikt, zu ihrer Trauer finden und wir damit umgehen können. Ich weiß nicht, es muss zwar nicht immer sein…

B.:  … aber es gibt dann eine besondere Tiefe?

M.: Ja. Aber schön ist auch, die Menschen über längere Zeit zu begleiten. In der Einzelbegleitung sowieso, aber auch in den Kursen. Das ist einfach schön, wenn die Leute immer wieder kommen und selbst auch merken: ich stehe jetzt an einem ganz anderen Punkt, als damals beim ersten Kurs. Das war heute auch so. Da war eine Teilnehmerin das 2. Mal da - alle anderen sind neu. Sie haben die Wiederholerin gefragt, ob sich etwas geändert hat. Und sie sagte: „Ich glaube, ich bin mehr in meine Mitte gerückt - ein bisschen mehr bei mir.“

B.: Eine schöne Rückmeldung! Margret, vielen Dank für dieses Gespräch!

M.: Danke. Es hat mir Freude gemacht!